Die wahren Gewinner dieser Veranstaltung sind die Minderheiten – so formulierte es FUEN-Vizepräsident Bahne Bahnsen bei der Siegerehrung nach den Endspielen der Frauen- und Männerteams der EUROPEADA 2024 am Samstag, den 6. Juli, in Flensburg.
Aber auch auf dem Fußballplatz gab es Gewinnerinnen und Gewinner: Im Finale der Frauen schoss Südtirol sage und schreibe elf Tore gegen Nordfraschlönj, und im Finale der Männer setzte sich Friûl in einem hitzigen Spiel mit 2:0 gegen Occitánia durch.
Insgesamt war die fünfte Ausgabe der EUROPEADA, die von der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) organisiert und von der dänischen Minderheit in Deutschland, der deutschen Minderheit in Dänemark, der Volksgruppe der Friesinnen und Friesen in Deutschland sowie dem Landesverband der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein ausgerichtet wurde, eine ausgesprochen erfolgreiche Veranstaltung mit einer Rekordzahl an teilnehmenden Mannschaften (24 Männerteams, neun Frauenteams), 900 Spielerinnen und Spielern sowie 14 Austragungsorten in der dänisch-deutschen Grenzregion.
„Insgesamt bin ich sehr zufrieden. Mich hat besonders gefreut, dass alle Teams durch die Bank gesagt haben, dass sie sich bei den Vereinen und in den Unterkünften sehr wohlgefühlt haben und bei den Volunteers gut aufgehoben waren. Sehr erfreulich war auch das große Zuschauerinteresse. Soweit ich es mitbekommen habe, hatten wir eine große Akzeptanz in der lokalen Minderheitsbevölkerung. Das sportliche Niveau war gut, hervorzuheben ist diesmal das Frauenturnier, das mit neun Teams so groß wie noch nie war. Auch von der Medienverbreitung war es eine sehr erfolgreiche EUROPEADA; wir haben für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Die Eröffnung und der Kulturtag sind sehr gut gelaufen, in Zukunft sollte man den kulturellen Aspekt aber eventuell noch mehr herausarbeiten“, resümierte Ruwen Möller, Projektleiter der EUROPEADA 2024, nach den Finalspielen.
Gösta Toft, Vizepräsident der FUEN, ergänzte: „Die EUROPEADA 2024 ist aus meiner Sicht ein großer Erfolg. Wir erleben, dass der Zuspruch und die Aufmerksamkeit immer größer werden. Das Interesse an den Minderheiten steigt durch die EUROPEADA. Mit unserer gemeinsamen Veranstaltung konnten wir die Botschaft nach außen tragen, dass hier vier Minderheiten gut zusammenarbeiten. Ich hoffe, dass dies auch ein Beispiel für andere Minderheiten sein kann. Andererseits ist hier vor Ort zu spüren, dass auch das Interesse an anderen Minderheiten in Europa wächst. Darüber freue ich mich sehr.“
BEEINDRUCKENDER FINALTAG DER EUROPEADA 2024
Noch am Morgen sorgte kräftiger Dauerregen für eine natürliche Bewässerung des Spielfeldes im Manfred-Werner-Stadion in Flensburg-Weiche, allerdings zugleich für leichte Bedenken, ob die beiden Endspiele einen stimmungsvollen Abschluss finden würden.
Rechtzeitig hellte der Himmel auf, die Sonne begleitete zur großen Teilen die beiden Finalpartien
Rund 750 Zuschauer - vornehmlich Delegationen der verschiedenen Minderheiten - sahen die überaus unterhaltsame Partie.
Frauen Südtirols überlegene Finalsiegerinnen
Das Frauenfinale entwickelte sich zu einer Demonstration von modernem Frauenfußball. Die Südtirolerinnen, bei der ersten Teilnahme einer Frauenmannschaft 2016 bereits Turniersiegerinnen, waren ihren Gegnerinnen aus Nordfriesland in allen Belangen überlegen: technisch auf höchstem Stand, taktisch diszipliniert, immer auf Ballhöhe und früh im Gegenpressing.
Das zahlte sich für sie früh aus, denn schon in der zweiten Minute nach einer Ecke erzielte Sonja Kiel das 1:0. Sie war es vor allem, die das Spiel Südtirols aus dem Mittelfeld lenkte und wichtige Impulse für den Spielaufbau setzte.
Der überaus sehenswerterFernschuss von von Alexandra Stockner ins rechte obere Toreck war für Mia-Lotte Petersen im Tor von Nordfraschlönj nicht zu halten: 2:0.
Mit dem 3:0 eröffnete Hannah Bielak ihren bemerkenswerten Torreigen an diesem Vormittag.
Nach einer kleinen Drangperiode und einer missglückten Kopfballabwehr von Eyke Kofler Margesin und einer Unsicherheit in der Abwehr verkürzte Suna-Marie Lelonek auf 1:3.
Ein weiteres Traumtor von Stockner vom Strafraumeck bedeutete das 4:1, und noch in der Verlängerung der ersten Halbzeit erhöhte die torgefährliche Bielak auf 5:1.
Die Nordfriesinnen kämpften zwar tapfer weiter, fanden aber keinerlei spielerische Mittel gegen die in Abwehr und Mittelfeld kompakt stehenden Gegnerinnen.
Manuela Ladstätter als starke Innenverteidigerein, davor Sonja Kiel als Spielverteilerin, ließen den Nordfriesinnen keinerlei Möglichkeiten in der Angriffshälfte.
Bielek sorgte vielmehr von der 46. bis 52. Minute innerhalb von elf Minuten für einen Hattrick, womit die fünf Tore im Spiel plus drei weitere davor sie zur weiblichen Torschützenkönigen der EUROPEADA 2024 krönten.
Nordfriesland hatte nun gar nichts mehr dagegenzusetzen: Tore von Sonja Kiem (73.) und Alexandra Gruber (80.) führten zum 10:1, bevor Kiem in der Schlussminute mit ihrem dritten Treffer das Endergebnis von 11:1 herstellte.
Bemerkenswert noch die Auswechslung von Margesin in der 80. Minute, bei der ihre Mitspielerinnen ein Spalier zu ihrem Abschied vom aktiven Fußball bildeten.
Angesichts der hohen Niederlage lagen einige Spielerinnen von Nordfriesland erschöpft und sicher auch enttäuscht nach Schlusspfiff am Boden.
Das Finale wurde umsichtig von Julie Alsbro Thomsen, der jungen, talentierten dänischen Schiedsrichterin, geleitet, der man deutlich reichhaltige Erfahrung aus verschiedenen Spielklassen und mittlerweile internationalen Einsätzen anmerkte.
Stenogramm
Südtirol - Nordfraschlönj 11:1
Manfred-Werner-Stadion, Flensburg-Weiche
Tore
1:0 2. Sonja Kiem
2:0 19. Alexandra Stockner
3:0 22. Hanna Bielak
3:1 39. Suna-Marie Lelonek
4:1 44. Alexandra Stockner
5:1 45.+3. Hannah Bielak
6:1 46.. Hannah Bielak
7:1 52. Hannah Bielak
8:1 57. Hannah Bielak
9:1 73. Sonja Kiem
10:1 80. Alexandra Gruber
11:1 90. Sonja Kiem (EM)
Schiedsrichter
Julie Alsbro Thomsen; Rami Ahmed, Jørgen Lauritzen; Nikolaj Ibsen
Bielak mit acht Treffern, (davon allein 5 im Finale)erfolgreichste Torschützin, bei den Herren Norbert Kriska von den Slowaken in Ungarn mit 14 Toren.
Der Fair-Play-Preis der FUEN wurde an die Burgenlandkroaten verliehen. In ihrem Spiel gegen das Team Koroska entschieden sie sich nach einer schweren Verletzung des gegnerischen Torwarts, das Spiel in der 82. Minute zu beenden, obwohl sie 0:1 zurücklagen.
Verdienter Sieger und unschöne Szenen im Männerfinale
Das Endspiel zwischen Occitània und Friûl, zum ersten Mal Teilnehmer an der EUROPEADA, erreichte bei weitem nicht die Qualität und den Unterhaltungswert des zuvor ausgetragenen Frauenfinales.
Die Partie war weitaus kampfbetonter, zum Teil von übertriebener Härte geprägt, bei erkennbarer Überlegenheit der Mannschaft aus Norditalien.
Vor dem Anstoß gedachten die Occitànier gemeinsam mit den rund 800 Zuschauern ihres kürzlich verstorbenen Trainers.
Die erste Halbzeit endete torlos. Friûl gelang trotz spielerischer Überlegenheit kein Tor. Gefährlich wurden deren Angriffe zumeist über links, wo der dribbelstarke und läuferisch überlegene Enrico Ruffo ein ums andere Mal seine Mitspieler im Strafraum bediente, allerdings ohne zählbaren Erfolg.
Bei Occitània gefielen vor allem der schlacksige Innerverteidiger Vincent Dupuis, der viele gegnerische Angriffe entschärfte und für einige Entlastung sorgte, sowie Torwart Théo Barthéas mit herausragenden Paraden. Vor allem in der 19. Minute, als er einen Freistoß aus gut 25 m aus dem rechten unteren Eck abwehrte.
Sein Gegenüber war dagegen nahezu beschäftigungslos, musste oft nicht mehr tun, als den Ball im Spiel zu halten.
Occitània wechselte zur zweiten Hälfte den Keeper. Rudy Seghouane konnte nach fünf Minuten beweisen, dass er seinem Kollegen in nichts nachstand.
Eine Vorentscheidung fiel in der 54. Minute: Einen Foulelfmeter, getreten von Niccola Tonizzo konnte Seghouane noch überragend abwehren, der Ball flipperte dann im Strafraum herum. Tonizzo nutzte seine zweite Chance und erzielte das insgesamt verdiente1:0.
Weitere Gelegenheiten für die Norditaliener blieben ungenutzt, auch ging weniger Druck von der linken Seite aus - bis auf die 82. Minute, als Ruffo in den Strafraum flankte und der kurz zuvor eingewechselte Andrea Osso Armellino auf 2:0 erhöhte.
Nach einem schweren Foul von Leonardo Campana gingen Spieler beider Seiten aufeinander los. Auch nach dem Spiel hatten sich beide Parteien nicht richtig beruhigt, vor der Siegerehrung allerdings klatschten sie sich versöhnlich und freundschaftlich ab.
Stenogramm
Occitània - Friûl 0:2
Tore
0:1 53. Niccola Tonizzo
0:2 81. Francesco Costa
Gelbe Karten: Occitania 3, Friûl 2 / 1Rote Karte: Occitania 2, Friûl 1
Schiedsrichter
Lennart Kund; Daniel Feil, Lutz Jessen; Sascha Fricke
Zusätzliche Ehrungen
Stellvertretend für die mehr als 200 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, ohne die das Großereignis EUROPEADA kaum hätte so erfolgreich durchgeführt werden können, erhielten Jonna, Pia und Damiano aus München aus der Hand von Landtagspräsidentin Kristina Herbst eine Urkunde und Erinnerungsmedaille. Das Schiedsrichtergespann erhielt stellvertretend für alle Schiedsrichter*innen der EUROPEADA eine Ehrung vom Flensburger Oberbürgermeister Fabian Geyer.
Liebe Freundinnen und Freunde der EUROPEADA: Wir sehen uns in vier Jahren!